[Pressemitteilung] Bürgerschaftsreferendum: Gesetzgeberischer Murks

Pressemitteilung Hamburg, 19.5.2015

Appell an die Bürgerschaft

Manchmal muss nur an ein paar kleinen Stellschrauben gedreht werden, und schon ist ein nach außen wunderbar verkäufliches Projekt ins Gegenteil verkehrt. Dann wird, um beim aktuellen Beispiel der Verfassungsänderung in Sachen Olympia zu bleiben, aus einem Mehr an Demokratie klammheimlich eine Blockade von Volksinitiativen, deren Themen den Mehrheitsparteien nicht in den Kram passen. So etwa stellt sich für den Verein „Mehr Demokratie“ der Entwurf dar, der ganz allgemein Bürgerschaftsreferenden in der Verfassung verankern soll. „Auch wenn SPD, Grüne und CDU im Verbund mit der AfD jetzt versuchen, in einem Ausführungsgesetz zu mildern, was sie im Verfassungsentwurf festgezurrt haben und nicht ändern wollen – das wird bloß ein einfaches Gesetz, das bei Bedarf jederzeit durch einfache Mehrheit zurück genommen werden kann“, so Mehr-Demokratie-Sprecher Manfred Brandt.

Im Kern bleibt es dabei: Die Bürgerschaft besetzt ein Thema ohne konkreten Vorschlag und neue oder noch laufende Volksinitiativen sind nicht mehr zulässig, sobald die Bürgerschaft ihren Beschluss gefasst hat. „Die im geplanten Ausführungsgesetz enthaltenen Regelungen können in der Kürze der Zeit nicht seriös darauf hin beurteilt werden, in wieweit sie vereinbar sind mit der Verfassungsänderung, die sie umsetzen sollen“, so Brandt: „Das sieht nach gesetzgeberischem Murks aus. Selbst Juristen, die in der Sache einigermaßen drin stecken, werden damit ihre Schwierigkeiten haben.“ Er meint: „Was ist das für eine Verfassungsänderung, die noch am Tag ihrer Verabschiedung durch ihr Ausführungsgesetz geheilt werden soll? Völlig unabhängig von der Frage, ob das überhaupt möglich ist, vom Inhalt der Verfassungsänderung und der Art und Weise, wie sie zustande kommt: So gehen seriöse Demokraten nicht mit einer Verfassung um. Dieses Gestümper, das im Schweinsgalopp im Schatten der Olympia-Bewerbung durchgezogen wird, beschädigt auch die Bewerbung. Es ist ein olympischer Schlag ins Gesicht der Demokratie, eine Einschränkung unserer Bürgerrechte. Wo sind wir eigentlich?“

Mehr Demokratie hat einen eigenen Entwurf für ein Olympia-Referendum („Lex Olympia“) entwickelt, der eine faire und zeitgerechte Abstimmung über die Olympiabewerbung zulässt. Er folgt der Empfehlung der Experten, die im Verfassungsausschuss dazu angehört wurden.

Unser Appell an die Bürgerschaft:

„Halten Sie inne! Führen Sie das Olympiareferendum als Einzelfallentscheidung durch, wie es die Verfassungsexperten empfohlen haben. Lassen Sie uns danach in aller Ruhe über die Einführung eines allgemeinen Bürgerschaftsreferendums diskutieren. Wir haben dazu einen Vorschlag gemacht. Sie haben einen Vorschlag gemacht. Lassen Sie uns beide Vorschläge dem Volk zur Abstimmung vorlegen. In der Verfassung gibt es dazu bereits ein Verfahren.“

Manfred Brandt: „Die Zeit dafür reicht allemal – vor allem, nachdem sich immer deutlicher herausstellt, dass der angebliche Zeitdruck weder vom DOSB noch vom IOC ausgeht, sondern eine rein Hamburger Erfindung ist.“

Mittlerweile haben bereits 23.000 Unterstützer auf der Internetplattform www.change.org/rettet-den-volksentscheid die Petition zum Thema Bürgerschaftsreferendum in Hamburg unterschrieben. Die Petition läuft seit einer Woche.